Grundlagen der Bodenbewertung

Wir weisen in unserer Argumentation für den Erhalt des wertvollen Ackerbodens im Schmidener Feld auf dessen hohe Boden- bzw. Ackerzahlen hin. Im Rahmen der Informationsveranstaltung der Gemeinde am 29. Januar 2015 wurde neben diesen amtlich anerkannten und weiterhin gültigen Wertzahlen das Merkmal der Bodenfruchtbarkeit in den Vordergrund gestellt und nach unserer Auffassung damit in unzulässiger Weise versucht, die Güte der Bodenqualität im Schmidener Feld im Vergleich mit den Alternativen Schiemer und Kolbenhalde zu relativieren bzw. zu schmälern. Deshalb wollen wir an dieser Stelle den Unterschied zwischen den Zahlen der Bodenschätzung und der Bodenfruchtbarkeit genauer beleuchten.

 

Bodenwerte nach der Reichsbodenschätzung

Am 16. Oktober 1934 wurde das sogenannte Bodenschätzungsgesetz zur Erfassung der Ertragsfähigkeit des Bodens erlassen. Dieses hat heute noch Gültigkeit und wird von sowohl nach Aussage vom Landesvermessungsamt (bestätigt am 4. Februar 2015), als auch vom Flurbereinigungsamt (bestätigt am 5. Februar 2015) immer noch als alleinige Grundlage zur Bodeneinstufung herangezogen. So wird z.B. bei der Flurneuordnung die Güte des Bodens jedes betroffenen Eigentümers nach diesen Zahlen ermittelt und bei der späteren Neuzuteilung berücksichtigt. So kommt es zu den Situationen, dass ein Eigentümer von zuvor hochwertigerem Boden bei der Neuzuteilung mehr Fläche bekommt, da sich auf dieser neuen Fläche ein schlechterer Boden befindet.

Der Boden wurde 1934 rein nach der Beschaffenheit (auch tiefere Schichten) und der Ertragsfähigkeit als Ackerland oder Grünland klassifiziert, unabhängig von der tatsächlichen Nutzung. Um eine einheitliche Bewertung sicherstellen zu können, wurden etwa 12.000 Musterstücke über das ganze Land verteilt nach festgelegten, einheitlichen Kriterien bewertet. Für die örtlichen Schätzungsausschüsse waren die Beschreibungen dieser Musterstücke die Bewertungsvorlage.

Ackerschätzungsrahmen

Nach einer Tabelle, dem sogenannten Ackerschätzungsrahmen, konnte der Ackerboden bewertet werden. Grundsätzlich wurde hier in Bodenarten nach ihren mineralischen Bestandteilen unterschieden, wie z.B.: Sand, anlehmiger Sand, lehmiger Sand, stark lehmiger Sand, sandiger Lehm, Lehm, schwerer Lehm, Ton und Moor. Auch die Entstehung der Bodenart wurde in Klassen unterteilt und wo zutreffend der Bodenart zugeordnet, wie z.B.:

D = Diluvium (eiszeitlicher und Tertiärboden)

Al = Alluvium (Schwemmlandboden)

Lö = Löss (Windboden)

V = Verwitterungsboden

Mit dem Zusatz „g“ wurde ggf. noch der Gesteinsgehalt des Bodens hingewiesen.

Je nach der Leistungsfähigkeit wurden den Bodenarten nun die Bodenzahlen zugeordnet, die wiederum in 7 Zustandstufen unterteilt wurden. Stufe 1 stand dabei für die größte, Stufe 7 für die geringste Leistungsfähigkeit. Moor und sandige Böden erreichen im Vergleich der Bodenarten die geringsten Bodenzahlen, die lehmigen Böden die größten.

Hier ein Beispiel für einen Ackerschätzungsrahmen mit Beschreibung:ackerschaetzungsrahmen

Bodenzahl und Ackerzahl

Für die Bodenzahlen gelten folgende Randbedingungen:

– Mittlere Jahrestemperatur: 8°C

– Jährliche Niederschlagsmenge: 600 mm/m²

– Ebene bis schwach geneigte Lage

– Optimaler Grundwasserstand.

Weichen nun die klimatischen bzw. topographischen Verhältnisse von diesen Bezugsgrößen ab, werden an den Bodenwerten Zu- oder Abschläge vorgenommen. Die Ackerzahl ist die Summe bzw. die Differenz der Bodenzahl mit dem entsprechenden Zu- bzw. Abschlag.

Beispiel für eine Bewertung

Im Rahmen unserer Recherchen haben wir u.a. auch Auskünfte vom Vermessungsamt/Liegenschaftsregister zu Bodenwertzahlen im Schmidener Feld angefordert. Wir bekamen „Stichproben“, d.h. Angaben zu zufällig ausgewählten Flurstücken aus verschiedenen Gewannen zugesendet.

Anhand eines Flurstücks im Gewann „Gerber“ hier die Bewertung, wie sie 1934 festgeschrieben wurde:

Bodenart nach mineralischen Bestandteilen: L (Lehm)

Boden nach Entstehung: Lö (Löss)

Zustandstufe: 2

Bodenzahl: 83

Ackerzahl: 91

Im Liegenschaftsbuch und in der Schätzungskarte gilt folgende Schreibweise: L 2 Lö 83/91.

 

Bewertung der Böden nach ihrer Leistungsfähigkeit (Bewertungsmetoden entsprechend LUBW (2011))

Diese Bewertungsmethode konzentriert sich auf die gesetzlich definierten, bewertungsrelevanten Bodenfunktionen

  • Natürliche Bodenfruchtbarkeit
  • Ausgleichskörper im Wasserkreislauf
  • Filter und Puffer für Schadstoffe
  • Sonderstandort für naturnahe Vegetation
  • Archive der Natur- und Kulturgeschichte,

die in dieser Form von der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Boden (LABO, 1998) empfohlen wurden. Kurz gefasst sind die Bodenfunktionen im Leitfaden der LUBW wie folgt beschrieben:

Natürliche Bodenfruchtbarkeit

Bei der Bewertung von Böden wird diese Funktion im Wesentlichen über den Bodenwasserhaushalt bestimmt, der im weiteren Sinne auch die Durchwurzelbarkeit und den Lufthaushalt erfasst. Als weiterer Standortfaktor wird die Hangneigung berücksichtigt. So haben beispielsweise Parabraunerden aus Löss, wie im Schmidener Feld vorhanden, einen ausgeglichenen Wasserhaushalt, gute Durchwurzelbarkeit und somit auch eine hohe natürliche Bodenfruchtbarkeit.

Ausgleichskörper im Wasserkreislauf

Hier wird die Funktion des Bodens als Wasserspeicher zur Versorgung der Pflanzen oder zur Weiterleitung an das Grundwasser betrachtet. Bewertet werden die Faktoren „Wasserleitfähigkeit bei Sättigung“ und „nutzbares Wasserspeichervermögen“. Zusätzlich werden das Relief und soweit erforderlich die Landnutzung berücksichtigt. Tiefgründige, wasserdurchlässige Böden mit hoher nutzbarer Speicherkapazität sind besonders als Ausgleichskörper im Wasserkreislauf geeignet. Verbessert wird die Leistungsfähigkeit durch einen Porengrundwasserleiter im Untergrund, der das Sickerwasser aufnehmen kann.

Filter und Puffer für Schadstoffe

Besonders leistungsfähige Filter und Puffer sind Böden mit hohen pH-Werten und hohem Humus- und Tongehalten, wie z.B. auch Parabraunerden aus Löss. Schadstoffe können durch diese mehr oder weniger dauerhaft aus dem Stoffkreislauf entfernt werden. Dies geschieht durch mechanische Filtration von festen Schadstoffpartikeln und durch die Pufferung von gelösten Schadstoffen durch Adsorption an Tonminerale oder Huminstoffe oder durch chemische Fällung und Festlegung.

Sonderstandort für naturnahe Vegetation

Bei der Bewertung dieser Funktion steht die Eignung als Lebensraum für eine stark spezialisierte Tier- und Pflanzenwelt im Vordergrund. Extreme Standorteigenschaften (z.B. Magerrasen) führen daher zu einer höheren, nährstoffreichere und frischere Standorte zu einer geringeren Einstufung der Leistungsfähigkeit eines Sonderstandorts für naturnahe Vegetation. Die Leistungsfähigkeit eines Bodens als „Sonderstandort für naturnahe Vegetation“ wird im Wesentlichen durch den Wasserhaushalt, die Grüngigkeit und das Nährstoffangebot bestimmt.

Archive der Natur- und Kulturgeschichte

Bewertet wird hier die Eigenschaft des Bodens hinsichtlich

  • seiner besonderen Bedeutung für die Bodengenese
  • seiner regionalen oder überregionalen Seltenheit einer Bodenform
  • seiner besonderen Bedeutung für die Erd- und Landschaftsgeschichte, Geologie, Mineralogie oder Paläontologie
  • seines hohen Informationswerts für Bodenkunde, Bodenschutz und Landschaftsgeschichte
  • Besonderheiten der Siedlungs- und Landnutzungsgeschichte.